Die Tradition der Mercedes-Benz S-Klasse: 350 SE der Baureihe 116 (1972 bis 1980) aus der Sammlung von Mercedes-Benz Classic. Pressefahrveranstaltung zur neuen S-Klasse der Baureihe 223 im Daimler Prüf- und Technologiezentrum (PTZ) Immendingen im Oktober 2020. Fahraufnahme. (Fotosignatur der Mercedes-Benz Classic Archive: D694982)
- Im Oktober 1972 präsentiert Mercedes-Benz die Baureihe 116
- Die Bezeichnung S-Klasse ist seitdem ein internationales Synonym für Spitzenautomobile
- Die Tradition der Marke in der Ober- und Luxusklasse reicht zurück bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts
- Mercedes-Benz S-Klasse: Seit vielen Jahren die meistverkaufte Luxuslimousine der Welt
Seit 50 Jahren hat die Bezeichnung S-Klasse einen ausgezeichneten Klang und Ruf. Sie steht für automobile Exzellenz bei Komfort, Technologie und Design. Die Baureihe 116 macht den Anfang, Mercedes-Benz stellt sie 1972 zusammen mit dem neuen Namen vor. Seitdem ist die S-Klasse ein internationales Synonym für Automobile der Ober- und Luxusklasse. Die repräsentativen Fahrzeuge von Mercedes-Benz sind auf der ganzen Welt gefragt: Die S-Klasse ist die meistverkaufte Luxuslimousine der Welt. Und die erste S-Klasse hat sich bestens gehalten, denn gut gepflegte Exemplare gehören längst zu beliebten wie gesuchten Klassikern.
Die Typen 280 S und 280 SE mit Sechszylindermotoren und den 350 SE mit Achtzylindertriebwerk machen den Auftakt. Premierenort ist der 59. Salon de l’Automobile in Paris vom 5. bis 15. Oktober 1972. Die Modellpalette wird in den Folgejahren mehrmals erweitert. 1973 debütiert der 4,5-Liter-Achtzylinder in der S-Klasse im 450 SE und parallel im 450 SEL mit einem um 100 Millimeter verlängerten Radstand. Die zugunsten des Raumgewinns im Fond verlängerte Version steht später auch als 350 SEL und 280 SEL im Verkaufsprogramm. Den Höhepunkt bildet der im Mai 1975 präsentierte 450 SEL 6.9, eine kultivierte Hochleistungslimousine mit vor fünf Jahrzehnten außergewöhnlichen 210 kW(286 PS). 1978 findet sogar der Dieselmotor Einzug in die S-Klasse: Der nur in den USA und Kanada angebotene 300 SD findet auf dem nordamerikanischen Kontinent großen Anklang.
Lange Tradition bis zu den Anfängen der Marke
Die Mercedes-Benz S-Klasse steht in einer langen Tradition. Diese reicht zurück bis zu den Anfängen der Marke Mercedes zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Luxus, Komfort und Sicherheit: Fahrzeuge der Ober- und Luxusklasse bilden schon lange vor der 1972 eingeführten offiziellen Bezeichnung S-Klasse den Schwerpunkt des Lieferprogramms der Stuttgarter Marke. Und mit jeder Generation seiner Spitzenautomobile gibt Mercedes-Benz stets überzeugende Antworten auf die Wünsche und Anforderungen der jeweiligen Zeit.
Das „S“ steht für „Spezial“ oder „Super“
Auf dem Deckblatt der Pressemappe zum Autosalon in Paris steht schlicht: „Mercedes-Benz präsentiert: Die neue S-Klasse“. Erstmals vergibt die Marke eine derartige Bezeichnung für ein Segment des Personenwagenprogramms. Das „S“ verwendet Mercedes-Benz nach dem Zweiten Weltkrieg freilich bereits ab 1949: Mit diesem Kürzel für „Spezial“ oder „Super“ beim 1949 vorgestellten Typ 170 S soll das Besondere hervorgehoben werden, begründet Dr. Wilhelm Haspel, damals Vorstandsvorsitzender und Generaldirektor der Daimler-Benz AG. Seitdem gibt es viele Modellbezeichnungen mit diesem Buchstaben. Ab 1972 wird die S-Klasse dann zum prägnanten Begriff für eine ganze Modellfamilie. Die E-Klasse als Definition der Mercedes-Benz Automobile der oberen Mittelklasse sowie die C-Klasse als Familienbezeichnung der Kompaktklasse folgen erst im Jahr 1993 mit fast 20 Jahren Abstand.
Bei der ersten offiziell so genannten S-Klasse ist alles neu
Die Baureihe 116 ist eine völlig neu entwickelte Fahrzeuggeneration – Design, Karosserie, Motoren und Fahrwerk markieren einen Innovationssprung in der Markengeschichte. Der Radstand wächst gegenüber der Vorgängerbaureihe W 108/109 um 115 Millimeter, die Gesamtlänge dagegen nur um 60 Millimeter, was den Proportionen und natürlich dem Interieur zugutekommt. Die Breite wächst um 55 Millimeter, die Höhe schrumpft um 15 Millimeter. Eine erstmals waagrechte Leuchteinheit und die niedrige Kühlermaske betonen die horizontale Linie. Die Außenluft wird teilweise über Öffnungen unter den mit Gummileisten versehene Stoßstangen zum Kühler geleitet. Einen Fokus legen die Konstrukteure auf das Thema „Sehen und gesehen werden“: So sind die A-Säulen verkleidet, um Wasser von den Seitenscheiben fernzuhalten. Als Sonderausstattung wird eine Scheinwerferreinigungsanlage angeboten. Eine Regenfangrinne leitet über das Dach fließendes Wasser um die Heckscheibe herum in die Trennfuge des Kofferraumdeckels. Die Gläser der Rückleuchten sind gerippt, was deren Verschmutzung vermindert.
Sicherheitsniveau auf neuem Level
Großen Wert legt Mercedes-Benz bereits seit den 1950er-Jahren auf eine verbesserte passive Sicherheit. Mit der Karosserie der Baureihe 116 erreicht das Sicherheitsniveau eine neue Stufe. So fällt die berechnete Deformationsfähigkeit, landläufig „Knautschzone“ genannt, deutlich größer aus. Dachpfosten, Türsäulen und Schweller halten auch heftigen Kollisionen stand und tragen ebenfalls zum Schutz der Insassen bei. Die Türscharniere sind verstärkt und die Sicherheitszapfenschlösser optimiert. Der Kraftstofftank befindet sich nicht mehr im Heck, sondern oberhalb der Hinterachse und ist in dieser Position bei Kollisionen gut geschützt. Auch der Innenraum ist im Dienst der Sicherheit neu gestaltet. So hat das Armaturenbrett starke Polsterungen, Schalter sind deformierbar oder versenkt angeordnet, und das Vierspeichenlenkrad ist mit einem Pralltopf und breiter Polsterplatte versehen. Das Prinzip eines entschärften Innenraums wird im Verbund mit der Sicherheitslenksäule seit 1967 in allen Personenwagen der Marke angewendet.
Eine bahnbrechende Weltneuheit ist das gemeinsam mit Bosch entwickelte und 1978 eingeführte Antiblockiersystem ABS: Es garantiert die uneingeschränkte Lenkfähigkeit des Fahrzeugs selbst bei einer Vollbremsung. So kann dieses um Hindernisse herumgelenkt werden. Dieser wesentliche Beitrag zur aktiven Sicherheit wird zum Standard im Automobilbau.
Fahrwerk mit Sportwagengenen
Beim Fahrwerk bestehen technische Parallelen zum Supersportwagen Mercedes-Benz C 111, dem nie in Serie gebauten Forschungsfahrzeug mit Wankelmotor. Die dort erprobte Doppelquerlenker-Vorderachse mit Lenkrollradius Null und einer Bremsnick-Abstützung verbessert die Fahreigenschaften und eliminiert weitgehend eine Empfindlichkeit gegen einseitig ziehende Bremsen. Trotz des gegenüber dem Vorgänger verlängerten Radstands hat die Baureihe 116 einen kleineren Wendekreis. Hinten kommt eine Schräglenkerachse zum Einsatz, die sich für eine gute Straßenlage in den „Strich-Acht“-Typen sowie den SL/SLC der Baureihe 107 bewährt hat. Für den leistungsstärkeren 450 SE/SEL und den 450 SEL 6.9 wird diese Konstruktion zur Koppelachse weiterentwickelt. Eine Anfahrdrehmoment-Abstützung bewirkt bei diesen Modellen, dass sich während des Beschleunigungsvorgangs der Sturz der Hinterräder und der Federweg nicht ändern.
Motoren mit sechs und acht Zylindern
Bereits ab Mitte der 1960er-Jahre entsteht eine neue Generation kleinerer V8-Motoren, die konstruktiv dem Motor M 100 aus dem Mercedes-Benz 600 ähneln. Für die Variante mit 3,5 Litern Hubraum und einer Leistung von 147 kW (200 PS) wird die Bezeichnung M 116 gewählt, die 4,5-Liter-Ausführung mit 165 kW (225 PS) heißt M 117. Diese V8-Triebwerke kommen bereits vor Markteinführung der Baureihe 116 in der Vorgängerbaureihe W 108/109, im Coupé/Cabriolet der Baureihe 111 und im SL/SLC der Baureihe 107 zum Einsatz und treiben die Fahrleistungen dieser Typen zu neuen Spitzenwerten.
Der Reihensechszylinder M 110 hat zwei obenliegende Nockenwellen und 2,8 Liter Hubraum. In der Vergaserausführung leistet er 118 kW (160 PS) und mit Benzineinspritzung 136 kW (185 PS). Das Aggregat debütiert zu Beginn des Jahres 1972 in den „Strich-Acht“-Modellen. Den nur in den USA und Kanada angebotenen 300 SD treibt der Fünfzylinder-Dieselmotor OM 617 A mit drei Litern Hubraum an. Der Motor stammt ebenfalls aus der „Strich-Acht“-Mittelklassebaureihe, ist jedoch mit einem Turbolader versehen. So erreicht er eine Leistung von 85 kW (115 PS). Ein wichtiger Grund für die Entwicklung dieses Motors ist der Flottenverbrauch in den USA, der den Durchschnittsverbrauch aller Pkw-Modelle eines Herstellers bezeichnet. Mit Hilfe des sparsamen Diesels hält Mercedes-Benz die dortigen Gesetzesvorgaben ein.
Topmodell 450 SEL 6.9
Als Mercedes-Benz 1975 die Hochleistungslimousine 450 SEL 6.9 präsentiert, gehört sie zu den schnellsten Fahrzeugen überhaupt: Nur ganz wenige Sportwagen erreichen zu jener Zeit ein höheres Tempo. Auf 100 km/h spurtet die stattliche Limousine in 7,4 Sekunden. Als Höchstgeschwindigkeit sind 225 km/h angegeben, doch Fachzeitschriften messen in Tests sogar höhere Werte. Wie beim legendären Vorgänger 300 SEL 6.3 (W 109) stammt der Achtzylinder aus der Repräsentationslimousine Mercedes-Benz 600 (Baureihe W 100). Allerdings ist bei gleichem Hub die Zylinderbohrung von 103 Millimeter auf 107 Millimeter vergrößert. So entsteht für den 450 SEL 6.9 ein Hubraum von 6.834 Kubikzentimetern. Der Motor leistet 210 kW (286 PS) bei 4.250/min und erreicht sein maximales Drehmoment von 550 Nm bei 3.000/min. Bei der Federung beschreitet Mercedes-Benz einen ganz neuen Weg: Nach der Luftdruckfederung des 300 SEL 6.3 erhält der 450 SEL 6.9 eine Hydropneumatik inklusive Niveauregulierung. Die Preisliste Nr. 16 mit Datum vom 28. Januar 1976 nennt 69.930,00 DM als Grundpreis für das Spitzenmodell der Baureihe 116. Zum Vergleich: Das Einstiegsmodell 280 S kostet damals 28.848,90 DM.
Im September 1979 präsentiert Mercedes-Benz auf der IAA in Frankfurt am Main die Baureihe 126 als nächste Generation der S-Klasse. Doch die Produktion der Baureihe 116 läuft erst im darauffolgenden Jahr aus: Ein 300 SD passiert als letztes von 473.035 Exemplaren der ersten S-Klasse die Endabnahme in Sindelfingen. Immerhin 28.634 300 SD werden hergestellt. Von den Fahrzeugen mit den Achtzylindermotoren M 116/M 117 sind es 156.548 Fahrzeuge. Besonders beliebt in der Käufergunst sind die Sechszylindervarianten mit 280.473 gebauten Fahrzeugen. Eine Sonderstellung nimmt der 450 SEL 6.9 ein, von dem 7.380 Exemplare gebaut werden.
Die S-Klasse setzt Maßstäbe
Alle nachfolgenden Generationen der Mercedes-Benz S-Klasse setzen die Tradition automobiler Exzellenz in der Ober- und Luxusklasse mit großem Erfolg fort. Die aktuelle Baureihe 223 ist das meistverkaufte, innovativste und sicherste Fahrzeug ihres Segments. Sie bietet wiederum einzigartige Komfort- und Sicherheitstechnologien. Dazu gehört der als Sonderausstattung verfügbare DRIVE PILOT mit dem derzeit möglichen Höchstmaß an Assistenz und Automatisierung. Oder das intelligente Infotainment-System MBUX, das den Fahrer auf Wunsch mit der Zeit kennenlernt und in seinem Sinne mitdenkt. Das MBUX Augmented Reality Head-up Display in der Windschutzscheibe bringt neueste Anzeigentechnologie direkt ins Blickfeld. DIGITAL LIGHT, die erweiterte Version von ATTENTION ASSIST oder die Hinterachslenkung tragen zur Fahrsicherheit bei. Der S 580 e mit Plug-in-Hybrid-Antrieb bietet bis zu 108 Kilometer elektrische Reichweite (S 580 e Limousine kurz | WLTP: Kraftstoffverbrauch gewichtet kombiniert: 0,9-0,6 l/100 km; Stromverbrauch gewichtet kombiniert: 23,0-20,2 kWh/100 km; CO₂-Emissionen gewichtet kombiniert: 20-14 g/km). Seit 2014 zeigt zudem die im Produktportfolio oberhalb der S-Klasse positionierte Mercedes-Maybach S-Klasse als Spitzenprodukt in der automobilen Luxusklasse, was in der Automobiltechnik technisch machbar ist. Eines eint alle Ausführungen und Generationen der S-Klasse seit 1972: ihr Markterfolg – sie gehören auf der ganzen Welt zu den begehrtesten Automobilen.
Quelle: Mercedes Benz Group Media