Kinder sind im Auto immer sicherer unterwegs. Jedenfalls gilt das für Europa und andere Regionen. Nicht zuletzt geht dieser Erfolg auf das Konto der Konferenz „Protection of Children in Cars“, zu der sich jedes Jahr Experten von allen fünf Kontinenten drei Tage lang bei TÜV SÜD treffen, um die neuesten Forschungen zu diskutieren. Top-Thema bei der Konferenz Ende vergangenen Jahres am Münchner Konzernsitz war etwa die Auswirkung der geneigten Sitzposition beispielsweise in automatisierten Fahrzeugen.
Wegen der Pandemie konnten die Teilnehmer aus 26 Ländern bereits zum zweiten Mal nur digital zusammenkommen. Der Grund für die dennoch große Resonanz liegt laut dem Vorsitzenden der Konferenz, Philippe Lesire, in der Passion der Teilnehmer. Denn die Experten sehen sich als Community, und empfinden die Aufgabe, für noch mehr Kindersicherheit in Fahrzeugen zu sorgen, als Verpflichtung. Mit der internationalen Fachkonferenz, die jährlich im Dezember stattfindet, bietet TÜV SÜD den Experten das passende Forum. Die TÜV SÜD Akademie, die das Forum veranstaltet, geht dabei auch organisatorisch neue Wege. So wurden jetzt im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Abschluss der Tagung erstmals Themenschwerpunkte für die kommende Konferenz im Dezember 2022 vereinbart. Top-Thema dann: Big Data.
Geneigt besser schlafen
Schwerpunkt 2021 war ein Problem, das Eltern sicher kennen: Kinder wollen und sollen während der Reise schlafen, aber eine zu aufrechte Sitzposition erschwert den Schlummer. Neue Sitzkonzepte in automatisierten oder gar autonomen Fahrzeugen sollen sogar für alle Insassen eine leicht liegende Stellung erlauben. Gleich zwei Vorträge zeigten, dass dabei keine gravierende Einschränkung der Sicherheit zu befürchten ist. Das gefährliche Durchtauchen unter dem Gurt, Submarining genannt, tritt nicht auf. Vorteilhaft seien auf jeden Fall Sitzerhöhungen (Booster) und Gurtstraffer.
Praxisnähe zeigten ebenfalls Berichte über Tests mit Kindersitzen neben umgeklappten Teilen der Rücksitzbank. Vor allem Reboard-Sitze – also rückwärtsgewandte – haben dabei weiterhin eine hohe Schutzwirkung. Allerdings: Auch wenn Rücksitze insgesamt sichere Plätze für Kinder sind, stecken die Autohersteller die meisten Anstrengungen in die Verbesserung der Vordersitze.
Trotz dieser Kritik wurde bei den diskutierten Themen das insgesamt hohe Niveau der Kindersicherheit in großen Teilen Europas und Nordamerikas herausgestellt. Aus China wurde dagegen berichtet, dass es nicht einmal landesweit einheitliche Regeln für das Anschnallen von Kindern gibt. Nur rund sieben Prozent fahren dort gesichert. Die übliche Methode sei das Sitzen auf dem Schoß eines Erwachsenen. Und während in Ländern mit hohen Anschnallquoten die Fehlanwendung (Misuse) zurückgeht, ist sie in Schwellenländern weit verbreitet.
Düster sieht es weiterhin beim Schutz in Bussen aus. Für übliche Kindersitze ist in der Regel zu wenig Sitzabstand vorhanden. Eine Arbeitsgruppe aus Spanien unternimmt gerade erste Schritte zur Vorbereitung internationaler Vorschriften der Economic Commission for Europe (ECE), eine Organisation der Vereinten Nationen.
Umfangreich testen
Diskussionen über neue Dummys und Testprozeduren haben einen festen Platz auf der Konferenz. Dabei geht es einerseits um Tests für die Zulassung von Kindersitzen nach Regelungen der ECE und gemäß amerikanischen Vorschriften – so genannte Schlittentests. Viele Berichte bezogen sich aber auf Crashversuche in echten Karosserien. Mehrere Vorträge betonten den Wert solcher Tests auf Autositzen unter realen, praxisnahen Bedingungen für die Forschung.
Weitere Themen der Konferenz drehten sich um medizinische Aspekte und Verbraucherfragen. Damit wurde das Spektrum der Konferenz noch einmal deutlich erweitert.